So schützen wir im Projekt S4 den Kammmolch

Der bis zu 18 Zentimeter lange Kammmolch ist die größte heimische Molchart und in Mitteleuropa verbreitet. Die Amphibie bevorzugt feuchte Lebensräume und reich geglieder­tes Grünland in offenen Landschaften. Nach der Laichzeit im Sommer lebt der Kammmolch im näheren Umfeld von Gewässern – im Grünland sowie in Hecken, Waldrändern und lichteren Waldbereichen. Unter anderem ist er in einigen Bereichen des zweiten Planungs­abschnitts der S4 zuhause.

Die Oberseite des Kammmolchs ist grauschwarz gefärbt mit dunklen, undeutlichen Flecken und Punkten, sein Bauch ist gelb oder orange mit schwarzen Flecken. Er nutzt vielfältige Laich­gewässer – von Weihern und Teichen über Abgrabungs­gewässer bis hin zu nur zeitweise wasserführenden Pfützen. All diese Gewässer besitzen eine verkrautete Unterwasser­vegetation und sind in der Regel fischfrei.  

Kammmolch

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Der Kammmolch als gefährdete Art

Viele Gewässer, in denen sich der Kammmolch wohlfühlt, sind beeinträchtigt. Einige wurden zugeschüttet oder sind durch Müll, Dünger und Umweltgifte verschmutzt. Der Kammmolch bevorzugt jedoch saubere und ruhige Gewässer und ist deshalb besonders gefährdet. Er gehört sogar zu den streng geschützten Tierarten nach dem Bundesnaturschutzgesetz und der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH). Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union und hat zum Ziel, wildlebende Arten, deren Lebensräume und die europa­weite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern und zu schützen. Die Richtlinie listet unter anderem Tier- und Pflanzenarten auf, die besondere Schutzgebiete benötigen, und nennt Arten, die gefährdet und damit schützenswert sind. Auf den Kammmolch trifft beides zu. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie.

Der Einfluss des S4-Projekts 

Einige Bereiche im zweiten Planungsabschnitt der S4 sind Lebensräume von Amphibien, unter anderem des Kammmolchs. Für die Kammmolche besteht ein erhöhtes Verletzungs- bzw. Sterbe­risiko, wenn sie die Baufelder und -straßen überqueren oder Baugruben und Material­lager wie Fallen auf die Tiere wirken. Arbeiten an der Vegetation im Winter betreffen den Kammmolch, da er dort zum Teil überwintert. Diese möglichen Gefahren wurden im Bauablauf berücksichtigt und der Kammmolch wird ausreichend geschützt. 

Schutz- und Kompensations­maßnahmen

Im FFH-Gebiet „Stellmoorer Tunneltal/­Höltig­baum“ und im Naturschutz­gebiet/FFH-Gebiet „Wohldorfer Wald“ entstehen neue Amphibien­gewässer und einige neue Lebensräume an Land. Zudem werden einige bestehende Lebensräume und Gewässer aufgewertet. Von den Kompen­sations­maß­nahmen profitieren auch andere betroffene Amphibien­arten. Die Auf­wertung der Biotop­strukturen gleicht die Verluste von besonders bedeutsamen Biotoptypen aus. Zudem kommt sie dem Kompensationsbedarf der gesetzlich geschützten Biotoptypen zugute.

Neue Amphibiengewässer und neue Lebensräume an Land

Die Gewässer und Landlebensräume im Stellmoorer Tunneltal und im Wohldorfer Wald werden nach dem Leitfaden der Europäischen Kommission rechtzeitig vor Baubeginn angelegt, um die Ziele des EU-Schutzgebietes Natura 2000 einzuhalten.
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Die Gewässer benötigen mehrere Jahre bis Pflanzen, Gewässerhaushalt und die Umgebungs­struktur entsprechend anwachsen und sich entwickelt haben. Mit Beginn der baubedingten Eingriffe müssen sie etabliert sein und als Lebensraum genutzt werden können. Das heißt, bevor die S4 in einem Bereich baut, müssen bereits Ausgleichsflächen angelegt sein. 

Damit die Gewässer ihre Funktion für den Kammmolch erfüllen, werden sie nach folgenden Gesichtspunkten gestaltet:  

  • Ausgedehnte, besonnte und vegetationsreiche Flachwasserzonen mit weniger als 30 cm Wassertiefe
  • Ausgeprägte Unterwasservegetation, da der Kammmolch seine Eier an Unterwasser­pflanzen­halmen oder -blättern ablegt
  • Keine Ansiedlung von Fischen oder Nutzung durch die Fischerei
  • Versteckmöglichkeiten, beispielsweise in Form von Totholz in den Gewässern und im Uferbereich
  • Landlebensräume werden möglichst nicht beweidet, um Trittschäden und schädliches Pflanzenwachstum (sogenannte „Eutrophierung“) zu vermeiden. Bei einer Nutzung als Weide werden die angelegten Gewässer umzäunt.
  • Regelmäßig zurückgeschnittene Ufervegetation, damit Gewässer nicht zu stark beschattet werden
Tümpel in Meiendorf

In Meiendorf im Nordosten Hamburgs wird ein künftiger Lebensraum mit einem Tümpel für den Kammmolch geschaffen.

Maßnahmen im Stellmoorer Tunneltal/Höltigbaum 

Im Stellmoorer Tunneltal werden Laichgewässer und Landlebensräume für den Kammmolch geschaffen. Dies stärkt die lokale Population des Kammmolchs. Konkret werden zwei bestehende Gewässer ausgehoben, entschlammt und somit aufgewertet. Beide waren kein attraktives Laichhabitat mehr für den Kammmolch. Auch Gehölze im Uferbereich werden zurückgeschnitten. Wie der neue Lebensraum konkret ausgestaltet wird, wird eng mit der zuständigen Umwelt­behörde sowie den ortsansässigen Naturschutz­vereinen abgestimmt. 

Zudem wird ein neues Stillgewässer innerhalb einer Ansammlung verschiedener Still­gewässer (sogenannter „Stillwasserkomplex“) angelegt. In diesem Stillwasserkomplex leben ver­schiedene Amphibienarten, unter anderem der Kammmolch und Moorfrosch. Das neue Stillgewässer stärkt den Verbund von Lebensräumen und die Population im Nordwesten der Gleise.  

Die oben angeführten Hinweise zur Schaffung von Laichgewässern für den Kammmolch werden dabei berücksichtigt: 

  • Um das Gewässer herum entsteht ein Schutzstreifen aus Kraut- und Staudenfluren und feuchten Hochstaudenfluren – neuer Landlebensraum für den Kammmolch in unmittel­barer Gewässernähe
  • Der Schutzstreifen sorgt dafür, dass weniger schädliche Nährstoffe aus der Landwirtschaft in das Gewässer gelangen.
  • Übermäßiger Gehölzaufwuchs wird im Schutzstreifen regelmäßig zurückgeschnitten. Dies verhindert schädliches Pflanzenwachstum (Eutrophierung) durch herabfallendes Laub.
Schutzgebiet Wohldorfer Wald

Auch im Naturschutzgebiet Wohldorfer Wald in Hamburg wird ein Tümpel für den Kammmolch angelegt.

Maßnahmen im Wohldorfer Wald 

Im Wohldorfer Wald entstehen auf einer Grün­land­fläche zwei neue Stillgewässer. Dabei werden die oben angeführten Hinweise zur Schaffung von Laichgewässern für den Kammmolch ebenfalls beachtet. Auch hier wird übermäßiger Gehölz­aufwuchs im Uferbereich regelmäßig rückgeschnitten, was schädliches Pflanzen­wachstum (Eutrophierung) durch herabfallendes Laub verhindert.  

Der restliche Teil der Grünlandfläche wird nur sporadisch, etwa alle zwei bis drei Jahre gemäht. Dadurch entsteht eine feuchte Gras- und Staudenflur. In nassen Bereichen und Senken werden sich Biotope und Pflanzengesellschaften entwickeln. Neu angelegte Haufen von Totholz dienen dem Kammmolch als Versteck­möglich­keiten während der Über­winter­ung. Die vor­ge­sehenen Gebüsche und Hecken dienen als Lebensraum für den Winter. Somit wird auch hier der baubedingte Lebens­raum­verlust kompensiert.

27.03.2024Baustellenkamera am Abschnitt 1